Gruseliges zu Halloween
Allein? Ganz allein sollte sie gehen an diesem düsteren Morgen. Noch nie war sie allein zur Schule gelaufen, immer begab sie sich mit ihren Freundinnen gemeinsam auf den Weg. Es war nicht weit bis zur Schule, nur ein winziges Stück durch den lichten Wald. Vorbei an den Mauern der Betonfabrik, in der auch ihr Vater arbeitete.
Es war kalt an diesem Tag. Und es war noch finster. Sie schlug den Kragen ihrer Jacke hoch, grub die Hände tief in die Taschen und starrte auf den Weg. Der Mond leuchtete nur schwach zwischen den Wolken hervor.
Alle möglichen Schauergeschichten gingen ihr durch den Kopf. Und Mutter warnte sie immer, ja nie allein durch den Wald zu laufen. „Wenn jemand kommt, dann lauf weg. Und schreie“.
Ihr Blick durchforstete das Gestrüpp entlang des Weges. Jeder Ast der hohen Kiefern formierte sich vor ihren Augen zu einem Monster, einer grässlichen Fratze, zu Fangarmen. Bloß nicht gruseln! Alles ist gut, alles bleibt gut, bald ist es geschafft. Da vorn kommt schon die Straße, dahinter sind es nur noch wenige Meter bis zum schmalen Weg hin zum Schulgelände.
Da! Sie erschrak und zauderte. Da vorn, da kam doch tatsächlich eine Gestalt durch den Wald. Und sie kam schnellen Schrittes auf sie zu. Ihr wurde kalt, sie überlegte fieberhaft, was zu tun sei.
Quatsch, ihr konnte doch nichts geschehen. Sie wohnten auf dem Dorfe, fernab der großen Städte, in denen die Kriminalität doch größer war als hier. Und wenn es ein Russe ist? Das wäre möglich, schließlich gab es ringsum die vielen Kasernen, Übungsplätze, militärisches Gelände.
Quatsch, wie sollte ausgerechnet jetzt und hier ein russischer Soldat auftauchen? Sie war noch viel zu jung, doch noch gar keine Frau und somit uninteressant.
Die große und kräftige Gestalt kam nun dicht an sie heran, ein Ausweichen war nicht möglich. Sie hörte die schweren Schritte, hörte ein tiefes Atmen. Jetzt, jetzt würde er sie packen! Nein, nur keine Angst zeigen. Und wenn, dann würde sie schreien, um sich schlagen, kratzen, beißen, laufen so schnell sie konnte.
Unmittelbar vor ihr blieb er stehen, streckte die Arme aus … Der Mond kämpfte sich durch die Wolken und warf sein Licht auf das Gesicht des Mannes, der vor ihr stand. Wäre sie jetzt überhaupt fähig zu schreien?
Sein Mund öffnete sich, seine Augen starrten sie an.
„Guten Morgen Kerstin“. Es war mein Vater, der von Nachtschicht kam!
An diese Begebenheit erinnere ich mich noch heut und muss lachen. Ja, ich hatte so einen Schiss. Mein Vater war groß und kräftig, ich habe ihn im Dunkeln nicht erkannt.
Für heut Abend stehen die Süßigkeiten bereit, falls sich doch Kinder zu unserem Haus wagen 😆
Happy Halloween euch allen! Und nicht gruseln, alles wird gut!
Donnerstag, 31. Oktober 2013 um 18:52
Mein lieber Schwan, du kannst einem echt eine Gänsehaut über den Rücken laufen lassen, liebe Kerstin. Boah – kann mir gut vorstellen, wie du dich damals gefühlt hast. Wie alt warst du? –
Ich höre draußen schon Kinder toben und lachen, aber geklingelt hat noch niemand. Ich möchte bitte die Süßigkeiten nicht selbst essen müssen 😉
Liebe Grüße
Elke
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Kerstin Antwort vom Oktober 31st, 2013 19:32:
Ein ganz klein wenig hab ich geflunkert liebe Elke. Ich war nicht mehr Kind, sondern ging in die Lehre, also so ca. 16 Jahre. Aber der Rest war genau so. Es war der Schulweg durch das kleine Wäldchen, nur musste ich dann abbiegen zur Bushaltestelle. Die Mauer am Betonwerk, die große Gestalt, die mir entgegen kam. Ich hatte echt Bammel und alle möglichen Horrorgeschichten vor Augen. Mein Vater trug Stiefel und Wattejacke, die ihn noch kräftiger erscheinen lies. Noch heut muss ich drüber schmunzeln, wie ich da vor ihm erschrocken bin.
Einen einzigen beleuchteten Kürbis habe ich grad auf der Abendrunde gesehen. Ich mache dann gleich Lasagne, die jungen Leute kommen hoch mit uns essen. Ich werde die Teelicht-Kürbisse auf den Tisch stellen.
Dir einen gruselfreien Abend.
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Donnerstag, 31. Oktober 2013 um 18:56
Kerstin, das war damals bestimmt nicht zu lachen. Eine wirklich gruselige Geschichte.
Ich werde mich zurückziehen. Ich habe heute meinen Kindern in der Lesegruppe eine Kleinigkeit
mitgebracht – es sind noch 14 Kinder. Das dürfte genügen.
Einen schönen Abend wünscht dir
Irmi
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Kerstin Antwort vom Oktober 31st, 2013 19:35:
Heute lache ich drüber, damals habe ich mich gefürchtet. Auch wenn ich ein wenig geflunkert habe. Ich war nicht mehr Kind, sondern ca. 16 Jahre und auf dem Weg zur Bushaltestelle, um in die Berufsschule zu fahren. Aber der Rest war wirklich so.
Hier hat es noch nicht geklingelt, aber der Abend fängt erst an.
Liebe Grüße von Kerstin.
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Donnerstag, 31. Oktober 2013 um 19:38
Bei uns hat es eben auch schon geklingelt. Allzu viel Vorrat an Süßem haben wir nicht im Haus, ich hoffe es klingelt nicht zu oft.
Eigentlich kann ich ja mit Halloween überhaupt nichts anfangen. Mich erinnert das immer an Fasching, nur zu falschen Jahreszeit.
Grüßle Bellana
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Kerstin Antwort vom Oktober 31st, 2013 19:51:
Ich dagegen hoffe, es klingelt noch. Sonst muss ich die Süßigkeiten alleine vertilgen 😯
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Donnerstag, 31. Oktober 2013 um 19:38
Hallo Kerstin,
ich wollte fragen, ob die Geschichte Dir geschehen ist. Das hast Du ja schon gesagt. Wieso warst Du ein Schiss. Ich glaube nicht jeder, auch nicht Erwachsene, geht mit einem guten Gefühl durch den nächtlichen Wald.
Liebe Grüße, guten Appetit, einen schönen Abend und eine gute Nacht.
Harald
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Kerstin Antwort vom Oktober 31st, 2013 19:51:
Es war ein schmales Waldstück. Wir nannten ihn „Hühnerwald“, weil dort tagsüber Hühner umher liefen und sich Kuhlen im Boden scharrten. Links hinter den Bäumen war Zaun, rechts war die Mauer zum Betonwerk, also gab es im Ernstfall kein Entrinnen. Auch wenn ich schon älter war, mit 16 – und dann die Russen im Ort – hatte ich doch noch Bammel. Da ist zuviel passiert und schlimme Geschichten machten die Runde. Ja, mein Vater konnte schon Furch einflößen 😆
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Harald Antwort vom November 2nd, 2013 12:01:
Du schreibst, dass Du schon älter warst und die Russen im Ort. Waren die Russen eher beruhigend oder machten sie eher Angst?
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Kerstin Antwort vom November 2nd, 2013 12:13:
Beruhigend? Oh nein. Als Kind haben wir sie bewundert, mit ihnen versucht zu reden, haben ihnen unsere Schulschnitten gegeben. Später sind wir ihnen, wenn es ging, ausgewichen. Manchmal fuhren ganze Kompanien mit dem Zug und wenn wir zur Disco fuhren, haben wir Blickkontakt vermieden. Es gab zu viele schlimme Vorfälle. Aber das kann ich hier nicht berichten. Wir sind jedenfalls nie allein unterwegs gewesen nachts. Meine Mam konnte immer erst schlafen, wenn wir daheim waren.
Donnerstag, 31. Oktober 2013 um 22:08
Liebe Kerstin!
Deine Angst kann ich sehr gut nachempfinden. Als Kind hatte ich vor der Dunkelheit allgemein große Angst. Ich fürchtete mich sogar davor, abends oder nachts – meine Mutter war oft noch spätabends als Straßenbahnschaffnerin im Dienst – auf das Gangklo zu gehen.
Lieben Gruß
Lemmie
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Kerstin Antwort vom November 1st, 2013 10:36:
Meine Schwester – 1 Jahr jünger – war noch ängstlicher als ich. Das ist bis heut so geblieben. Wir hörten als Kind aber auch viele Schauermärchen und noch heute muss ich selbst über meine Mam lächeln, wenn sie sich nicht allein in die Aue trauen würde. Sie staunt immer, dass ich alleine durch den Wald laufe. Ich sage dann immer „Die Russen sind doch weg“. Passieren kann überall was, ich darf mich doch deswegen nicht verkrümeln.
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Freitag, 1. November 2013 um 08:25
moin kerstin,
gab es noch mehr schrecken am abend, viele kleine gruselgestalten?
bei den süssigkeiten mag ich nicht helfen, alles deins ;).
gegruselt (und dann laut gelacht) hab ich mich nur einmal vor meinem eigenen schatten.
mitternacht, eine riesige parkplatzleuchte, eine grosse thujahecke und ich als hexe mit besen, schade – heute hätte ich davon ein foto gemacht.
lg kelly
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Kerstin Antwort vom November 1st, 2013 10:38:
Vorm eigenen Schatten erschrocken 😆 Meine Schwester hat auch immer rege Fantasie entwickelt und sich im eigenen Kinderzimmer gefürchtet. Damit die Zimmertüren nachts offen blieben, stellte meine Mam immer einen Schuh in die Tür. Eines Nachts musste meine Schwester mal raus. Als sie die Tür hinter sich ranziehen wollte, ging das natürlich nicht und sie bekam einen Riesenschreck. Dachte, da steht jemand und hält die Tür fest 😯
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Freitag, 1. November 2013 um 09:11
nicht nur tolle Bilder bekommt man hier..
auch als Geschichtenerzähler machst du dich gut Kerstin..
LG vom katerchen zum Wochenende
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Kerstin Antwort vom November 1st, 2013 10:39:
Ich wollte einen Kürbis zeigen, fand aber keinen in meinen Fotos. Da kam mir die Idee mit der Geschichte, passt doch zu Halloween
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Freitag, 1. November 2013 um 11:20
Toll geschrieben liebe Kerstin. Oh wie ich Dir das nachempfinden kann!! Dazu braucht es ja nicht unbedingt einen Wald – muss nur die entsprechende Uhrzeit sein, dunkel und kaum eine Menschenseele unterwegs, da pumpt das Herz!
LIeben Gruß
Kerstin
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Kerstin Antwort vom November 1st, 2013 12:37:
Genau – das Herz pumpt, die Schläfen pochen mit, alle möglichen Horrorvorstellungen werden vor dem inneren Auge präsent Zum Glück war es nur mein Vater!
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Montag, 4. November 2013 um 21:48
Das hast Du sehr spannend erzählt und ich kann mich an ähnliche Wege zur Abendstunde in meiner Kindheit erinnern. Zwar mitten durchs Dorf, doch ich habe mir jedesmal bei Dunkelheit Fluchtmöglichkeiten überlegt, falls…..falls mich wirklich mal jemand überfallen würde. Ich wäre einfach ins nächstbeste Haus gerannt….im Dorf, wo jeder jeden kennt 😉
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Kerstin Antwort vom November 5th, 2013 07:57:
Solch Begebenheiten hatte wohl jeder mal. Als Kind ist man ängstlicher, wird vor allem gewarnt, besonders als Mädchen. Zum Glück ist in der Hinsicht hier bei uns noch nie was passiert.
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Dienstag, 5. November 2013 um 11:43
Jesses, ich kann mir deine Angst damals gut vorstellen. Da hätten mir auch die Knie geschlottert 🙂
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Kerstin Antwort vom November 5th, 2013 15:02:
Aber heut kann ich drüber lachen. Bin eigentlich kein ängstlicher Typ.
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